Vorschulkinder

Phonetische Störung

Eine phonetische Störung (Artikulationsstörung) liegt vor, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, einzelne Laute zu bilden bzw. sie fehlbildet. Betroffen sind hiervon meist die Laute /s/ und /sch/. Ungünstige Muskelspannungszustände im Mundbereich und ein falsches Bewegungsmuster der Sprechorgane (Zunge, Lippen) sorgen dafür, dass Einschränkungen bei der Luftstromlenkung und Feineinstellung der Zungen- und Lippenposition bzw. der Wangenspannung bestehen. Begleitet wird dies meist von einer eingeschränkten Mundraumwahrnehmung.

Die Ziellaute /s/ und /sch/ werden dann entweder an den Zähnen (Sigmatismus addentalis/ Schetismus addentalis) oder zwischen den Zähnen (Sigmatismus interdentalis/ Schetismus interdentalis) gebildet. Teilweise entweicht die Luft auch seitlich zwischen den Zähnen (Sigmatismus lateralis / Schetismus lateralis).

Phonologische Störung

Im Gegensatz zu einer phonetischen Störung kann der Laut bei einer phonologischen Störung isoliert korrekt gebildet werden. Jedoch werden im Wort Laute ausgelassen, ersetzt oder hinzugefügt. So wird aus "Giraffe" "Affe", mit "Tatze" ist eigentlich die "Katze" gemeint und aus "Telefon" wird "Telefron".

Diese Vereinfachungsprozesse gehören mit Ausnahmen zum Spracherwerb dazu, sollten im Laufe der Entwicklung jedoch nach und nach überwunden werden.

Kindliche Sprechapraxie

Bei einer kindlichen Sprechapraxie handelt es sich um eine Störung der willkürlichen Planung und Programmierung von Sprechbewegungsabfolgen. Sie zeigt sich in unterschiedlichen Schweregraden und Ausprägungsformen. Liegt eine schwere kindliche Sprechapraxie vor, sind die Kinder oftmals nur von ihren engen Bezugspersonen zu verstehen. Häufige Symptome sind ein bevorzugtes Lautmuster (Bsp.: t/d: "it töte tute ete!" - "ich möchte Kuchen essen!"), Sprechanstrengungen und ein Anstieg der Lautfehlbildungen mit steigender Äußerungslänge. So sind kurze Wörter meist verständlicher, wohingegen mehrsilbige Wörter, Mehrwortäußerungen und Erzählungen in kaum verständlicher Sprache gesprochen werden.

Kinder mit einer kindlichen Sprechapraxie zeigen oftmals einen sehr späten Sprechbeginn bei gutem Sprachverständnis. Auch entwickeln sie aufgrund der wenig effektiven Sprechversuche meist nach anfänglicher Sprechfreude ein hohes Störungsbewusstsein.

Dysgrammatismus

Bei einem Dysgrammatismus handelt es sich um eine fehlerhafte Anwendung grammatikalischer Regeln bei der Bildung von Sätzen und der Beugung von Wörtern. Kinder, die einen Dysgrammatismus aufweisen, zeigten in ihrer frühkindlichen Entwicklung meist auch einen verzögerten, stockenden und undifferenzierten Spracherwerb. Meist verharrten die Kinder übermäßig lange bei Einwortäußerungen. Typische Symptome eines Dysgrammatismus sind unter anderem:

  • Auslassungen obligatorischer Satzteile (Bsp.: "Ich gerne Kindergarten.")
  • Verbendstellung im Aussagesatz (Bsp.: "Ich Ball möchte!")
  • die Mehrzahl wird falsch verwendet (Bsp.: "Da sind zwei Balls.")
  • Wörter werden falsch gebeugt (Bsp.: "Nele esse Eis." oder "Nele sitze.")
  • Probleme bei der Bildung der Vergangenheitsform (Bsp.: "Opa Apfel esst.")

Ein Dysgrammatismus tritt selten isoliert auf. Meist sind der Wortschatz des Kindes, sein Sprachverständnis, die Pragmatik und/oder die Aussprache ebenfalls betroffen. Dann spricht man von einer Sprachentwicklungsverzögerung bzw. -störung.

Wortschatzdefizit

Störungen bei der Wortschatzentwicklung können sowohl die Anzahl der Wörter, als auch die einzelnen Bedeutungsmerkmale betreffen (z.B. der Löwe hat eine Mähne, der Tiger hat Streifen).

So ist die Gesamtmenge der Wörter, die das Kind mit einem Wortschatzdefizit versteht (passiver Wortschatz) und der Wörter die das Kind beim Sprechen verwendet (aktiver Wortschatz) im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern zu gering. Kindern mit eingeschränktem Wortschatz fehlen häufig beim Erzählen von Erlebnissen die notwendigen Wörter. So wird kurzerhand auf unspezifische Wörter (u.a. dingsda, machen, so) zurückgegriffen oder Gestik und Mimik kommen verstärkt zum Einsatz.

Oft haben diese Kinder auch Probleme, Wörter in einen Zusammenhang zu bringen bzw. zu kategorisieren. Können die Kindern auffällig häufig Wörter nicht abrufen, so spricht man von einer Wortfindungsstörung.

Sprachverständnisstörung

Inputspezifizierung

Sprachverständnis ist die Fähigkeit, den Sinn und die Bedeutung von Lautäußerungen zu erfassen. Ist diese Fähigkeit nicht altersentsprechend entwickelt, kann das Kind Fragen, Aufforderungen und Aussagen nicht ausreichend verstehen. Auch  antwortet es dann beispielsweise nicht adäquat auf die gestellten Fragen.

Auffällig wird die Sprachverständnisstörung häufig erst dann, wenn das Kind keine zusätzlichen Hilfen wie Gesten oder konkrete Situationen zur Verfügung gestellt bekommt. Nicht selten entwickeln Kinder Strategien um ihre Schwächen zu kompensieren. So beobachten sie ihre Umwelt und zeigen Handlungen, die im Normalfall für die Situation angemessen sind. Somit bleibt das Sprachverständnisproblem nicht selten lange Zeit unerkannt. Oftmals werden diesen Kindern fälschlicherweise Verhaltensprobleme, eine mangelnde Konzentrationsfähigkeit und/oder eine niedrigere Intelligenz unterstellt.

Myofunktionelle Störung

Förderung der Mundmotorik

Bei einer Myofunktionellen Störung befindet sich die bei der Artikulation und beim Schlucken beteiligte Muskulatur (v.a. Lippen- und Zungenmuskulatur) in einem Ungleichgewicht. So ist die Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit der oben genannten Muskulatur oftmals eingeschränkt. Dies hat zur Folge, dass der Betroffene meist eine unphysiologische Mundatmung aufweist und zusätzlich die korrekte Zungenruhelage nicht finden bzw. einhalten kann.

Zudem sorgt ein falsches Bewegungsmuster der Zunge dafür, dass die Zunge beim Schlucken gegen/zwischen die Zähne drückt. Aussprachestörungen der Laute /s/, /z/ und /sch/ sind häufig eine Begleitsymptomatik des muskulären Ungleichgewichts. Aber auch beim Schnarchen und bei Verspannungen im Schulter-, Nacken- und Gesichtsbereich kann als Ursache eine Myofunktionelle Störung in Frage kommen.

Stottern

Beim Stottern handelt es sich um eine Unterbrechung des natürlichen Sprechflusses. Diese äußert sich durch Wiederholungen oder Dehnungen von Lauten, Silben und Wörtern oder in Blockierungen beim Aussprechen bestimmter Laute. Oftmals gehen diese Primärsymptome mit Auffälligkeiten der Atmung, Mitbewegungen und Muskelanspannungen einher. Stottern ist in verschiedenen Situationen unterschiedlich stark ausgeprägt.

Poltern

Beim Poltern handelt es sich, wie beim Stottern auch, um eine Redeflussstörung. Diese ist unter anderem gekennzeichnet durch eine erhöhte Sprechgeschwindigkeit, Satzabbrüche, Unflüssigkeiten (Laut-, Silben-, Wort- und Satzteilwiederholungen) und Auffälligkeiten in der Aussprache (Lautauslassungen, -verschmelzungen und -ersetzungen). Betroffene weisen somit meist eine eingeschränkte Verständlichkeit auf.

Rhinophonie (Näseln)

Förderung der Mundmotorik

Mit Rhinophonie meint man umgangssprachlich das "Näseln".

Dabei handelt es sich um eine Störung der Stimm- und Sprechfunktion. Je nach Art entweicht beim Sprechen zu viel Luft (offenes Näseln) oder zu wenig Luft (geschlossenes Näseln) durch die Nase.

Bei Ersterem schließt das Gaumensegel den Nasenraum nicht vollständig gegenüber dem Mundraum ab. Dadurch klingt die Stimme nasal. Als Ursache kommen Gaumenspalten, Syndrome und neurogene Erkrankungen in Frage. Teilweise können aufgrund der Rhinophonie einzelne Laute nicht oder nur erschwert gebildet werden. Dann spricht man von einer Rhinolalie.

Das geschlossene Näseln klingt hingegen so, als würde man bei einer Erkältung mit verstopfter Nase sprechen. Auch hier liegt eine Funktionsstörung des Gaumensegels vor. Erschwert ist vor allem die Bildung der Laute /m/, /n/ und /ng/. Als Ursache kommen am Häufigsten vergrößerte Polypen und eine Nasenscheidewandverkrümmung in Frage.

Mutismus

Beim selektiven Mutismus ( lateinisch: mutuus = stumm) handelt es sich um eine angstbedingte Kommunikationsstörung, die durch Schweigen gekennzeichnet ist. Betroffene schweigen dabei gegenüber Personengruppen außerhalb ihres privaten Umfeldes (z. B. im Kindergarten, in der Schule). Im gewohnten Umfeld (zuhause, bei Oma/Opa etc.) sprechen sie hingegen sehr viel und verhalten sich sprachlich unauffällig. Dieses Störungsbild tritt meist im Kindesalter auf.

Die schwerste Form ist der totale Mutismus. Beim totalen Mutismus wird in jeglichem Umfeld geschwiegen. Als Ursachen kommen Schockerlebnisse, psychiatrische oder neurologische Grunderkrankungen oder eine dramatische Verlaufsvariante des selektiven Mutismus in Frage.